Kaufmannsladen Königswinter

Ich war faul, ich weiß. Aber im Sommer mache ich sowas wie den intellektuellen Sommerschlaf (nicht, dass meine Artikel im Winter besser sind, aber zahlreicher…)., weil ich die ganze Zeit in der Sonne liegen und lesen muss. Und da kann ich nicht den ganzen Tag in der Küche stehen und kochen, das seht ihr doch ein… Oder über Restaurants und Cafés schreiben, in denen ich mich rumgetrieben habe.
Heute aber habe ich das Gartenoffice zwecks Blogschreibing wieder eröffnet, weil ich euch unbedingt vom Kaufmannsladen in Königswinter berichten muss. Wahrscheinlich kennt ihr das alle schon und schüttelt über meine Eurekarufe nur den Kopf, aber ich muss es einfach loswerden. Nachdem mein Lieblingsmittesser die ganze Woche in dünner Luft radgefahren ist, isses mit dem Dolce Vita im Garten vorbei und wir müssen raus in die Ferne, entweder radfahren oder ‘wandern’ (also was ich als solches deklariere). Und so habe ich die ‘Drachenfels Retro-Classic-Romantik-Tour’ ausgerufen, die bedeutet, dass wir uns mit dem kleinen offenen Auto ins Zentrum der Rheinromantik begeben und einmal den Drachenfels rauf und runter laufen. Nächstes Mal, wenn die Rennradschuhe auch mit Steigeisen versehen sind, fahren wir auch mit dem Rad hin, dann ist es mit dem Parken sowieso einfacher. Versprochen!
Schon auf dem Weg vom Parkplatz zum Basislager an der Zahnradbahntalstation haben wir uns am Schild mit der Ankündigung von ‘Affogato’ vorbeigedrückt und uns vorgenommen, auf dem Rückweg hier einzukehren. Nicht nur, weil das Wort ‘Affogato’ auf einige Leute, die mit mir unterwegs waren, eine magische Anziehungskraft ausübt, sondern weil der ganze Laden schon beim Vorbeigehen eine Menge Spaß verspricht. Tatsächlich haben wir auch den ganzen Weg rauf und wieder runter mit einer Flasche Wasser überlebt und allen SchniPo-, Eiscreme- und sonstigen Tourineppangeboten widerstanden, um dann mit einem halben Nachmittag Spaß ohne Ende belohnt zu werden. Wer hätte das gedacht? (und das in Königswinter, nicht davor und … ach lassen wir das).
Atmosphäre – Der Laden hat alles, was man in einem hippen Laden in Berlin oder Köln erwarten würde, aber natürlich viel besser, weil mit regionalem Flair. Und irgendwie führt das, vielleicht auch wegen der vielen Sachen, die man selbst aus dem Rheinland kennt – inklusive der verhassten Drachenfelsbesteigung mit angereisten Verwandten bis ins hohe Teeniealter – zum Gefühl, dass man hier den Rest des Wochenendes verbringen möchte. Wir zumindest sind den halben Sonntag geblieben und hatten Spaß für zehn. Und das lag nicht nur an dem Laden, den man gleich zur eigenen Zweitwohnung erklären möchte, sondern auch am Spaß, den man mit Personal und Gästen hatte. Wer sonst nimmt sich die Zeit, mit einem Gast über Kaffee und Käsekuchen zu reden und wer vor allem vertraut mir die Hundeleine (mit Hund dran) an, wenn man mal eben einen Gast bedienen muss? Wer mich kennt, weiß, dass mir das reicht: Ein Kaffee mit Milch, Fritzgedöns, ein Hund zum Kraulen und einen Shop im Café. Als Zugabe gab’s noch eine enthusiastische Unterhaltung mit Nicolas, dem Geschäftsführer vom Kaufmannsladen, über seine Ideen und Pläne. Mann, war das geil. Zurück zum Unwesentlichen.
Es gibt rechts eine schnuffig eingerichtete Theke, an der man bestellen kann, wenn man’s vor lauter Neugier nicht am Tisch aushält und durch den Laden marodieren muss, um anzugucken, was es alles gibt. Hier kann man neben Kaffee und allerlei Kleinigkeiten auch Bücher, Postkarten und Magnete erstehen, die ein gaaaanz kleines bißchen cooler sind als die, die man auf dem ganzen Leidensweg vorher gesehen hat: Kölsches Grundgesetz für den Kühlschrank und Bücher von Jacques Berndorff und anderen Autoren von hier.
Geht man gleich durch die linke Tür (ein bißchen wie im Arco, die Sache mit den zwei Türen), kann man sich direkt in den Schaufenstern oder im Shop an den kleinen Tischen niederlassen, die von den Designer-Tellerlampen beleuchtet werden, die man natürlich hier auch kaufen kann. Genauso wie T-Shirts mit dem Esellogo (steht schon auf meiner Shoppinglist für’s nächste Mal!), den eigenen Weinen (vom Weingut Piper!) namens Drachenblut und Eselsmilch (ich schätze aber, dass beide zum Drin-Baden zu schade sind), dem eigenen Kaffee Eselsbohne, Honig vom Retscheider Hof und noch tausend andere Sachen, die ich mir noch ansehen muss. Der Honig durfte aber gleich mit, während wir beim Kaffee entschieden haben, dass der Hammergeschmack mindestens zur Hälfte auf die Baristafähigkeiten der beiden Jungs hinter der Bar geschuldet war und wir lieber wieder herkommen, um einen außergewöhnlich guten Latte Macchiato zu trinken.
Wie schon angedeutet, hatten wir viel Spaß mit dem Personal, auch wenn Flo und sein Kollege ein bißchen mehr ranklotzen mussten, weil wir (also ich) Nicolas ein bisschen mit Beschlag belegt haben mit dem Gequatsche über Kaffee, ein Hipstercafé in Königswinter, Hunde und den ganzen Rest. Dabei wurde aber nicht nur ausgesprochen guter Kaffee gemacht, sondern auch die anderen Gäste bedient, Kinderstühle gesucht, Zweittassen gebracht und sogar die Blumen ausgetauscht. Außerdem habe ich gehört, dass zwischendurch frischer Kuchen und alles andere gebacken wird und dass man als Mitarbeiter im Kaufmannsladen sogar Vorschläge machen (und umsetzen!) kann, was denn mal auf den Ladentisch kommt. Das nenn’ ich einen geilen Job.
Was gibt’s zu essen? – Kaffee und Tee mit Croissants und Mandelgebäck und kühle Getränke. Es gibt ein italienisches Frühstück mit Cappucino oder Latte Macchiato und Cornetto. Al Cioccolata, Marmellata und Crema.
Also? – Hin. Zum Frühstück, zum Kaffee und Kuchen und zum Apéro! Der Kaufmannsladen ist einer der Pfeiler, auf denen sich eine neue regionale (ich wünschte, ich könnte ‘Bonner’ sagen…) Essens- und Ausgehkultur entwickeln könnte: Liebevoll eingerichtet, exzellenter Kaffee (und auch Käsekuchen, wie ich höre), offen für neue Ideen und anscheinend ein Spaß für die Mitarbeiter. Die Gentrifizierung von Königswinter beginnt gerade mit dem Kaufmannsladen.
Kreditkarten – Zahlen kann man in bar.
Wie kommt man hin? – Mit Bus und Bahn kann man am Bertha-von-Suttner-Platz ein- und aussteigen oder mit dem Bus an der Haltestelle am Rahthaus. Parken könnt ihr wie üblich in den Bonner Parkhäusern, außer der Unigarage, vorzugsweise an der Marktgarage.
Rolliability – Ja, etwas eingeschränkt, weil eng, und die Toiletten sind die Treppe runter.
Kaufmannsladen
Drachenfelsstraße 14
53639 Königswinter